Gern griff Friedrich Koch die Anregung des Kollegen Martin Rotthaus auf, eine Besichtigung des im Bau befindlichen Endlagers für radioaktive Abfälle in seine Veranstaltungsplanung zu übernehmen.
Der Leiter der Markscheiderei, Andreas Degen, lud nach der Kontaktaufnahme den Bezirk Essen zu einer persönlichen Führung ein, so dass sich die angemeldeten Teilnehmer am 22.10.2015 mit privaten PKW in Fahrgemeinschaften auf den Weg nach Braunschweig machten.
Dort wurde bei akzeptablem Wetter die Gelegenheit zu einem Bummel durch die sehenswerte Innenstadt genutzt. Ein gemeinsames Abendessen beim Edel-Italiener Sorrento rundete den Tag auf sehr angenehme Weise ab. Bei dieser Gelegenheit wurde der Kollege Adolf Dicke von Friedrich Koch überrascht, als er ihm gratulierte und Urkunde mit der Silbernen Verbandsnadel für 40 Jahre Mitgliedschaft im VDV überreichte. Aus beruflichen Gründen ist Adolf Dicke vor einem gefühlten halben Leben nach Schemmerhofen (Baden-Württemberg) gezogen, aber bis heute seinem Heimatbezirk Essen treu geblieben.
Die eigentliche Veranstaltung begann am frühen Morgen des Folgetages bei strahlend blauem Himmel im Info-Zentrum Konrad in der Chemnitzer Straße 27, im Zentrum Salzgitters. Im Auftrag des Bauherrn, dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), vermittelte der erfahrene Öffentlichkeitsarbeiter Günter Schacht den Teilnehmern die wesentlichen Daten des Projektes. Nach einem 20 Jahre dauernden Planfeststellungsverfahren wurde 2002 durch das niedersächsische Umweltministerium die Genehmigung erteilt. Damit ist es das bisher einzige genehmigte Endlager für radioaktive Abfälle in Deutschland.
Die Betriebsanlagen "Schacht Konrad" befinden sich einige km von Salzgitter entfernt, auf dem Gelände eines stillgelegten Eisenerz-Bergwerks. Laut Planfeststellungsbeschluss dürfen dort in ca. 1.000 m Tiefe 303.000 Kubikmeter leicht bis mittel strahlende radioaktive Abfälle eingelagert werden.
Der Hinweis, dass Deutschland permanent mittels 1.800 Messsonden so gut überwacht wird, dass selbst in 10.000 m Höhe Auffälligkeiten bei der radioaktiven Strahlung bemerkt würden, dürfte nicht nur die Einwohner in Salzgitter und Umgebung beruhigt haben.
Die für die Bauausführung verantwortliche Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern (DBE), ein vormals bundeseigenes Unternehmen, muss, um die erteilte Genehmigung nicht zu gefährden, losgelöst von Kosten- und sonstigen Überlegungen, dafür sorgen, dass das Endlager in strenger Übereinstimmung mit der Baugenehmigung ausgebaut wird. Die Kosten übernehmen die Verursacher des Mülls und damit letztlich die Stromkunden.
Dass ein Endlager für radioaktive Abfälle überwiegend Gegner hat, überrascht niemanden, schließlich handelt es sich um Schadstoffe mit maximal schlechtem Image.
Da es in der realen Welt aber immer wieder Probleme geben wird, die im Sinne des Allgemeinwohls in angemessener Zeit gelöst werden müssen, sollte man seitens der Politik nach einem Algorithmus suchen (lassen), der so objektiv wie möglich (ohne parteipolitische Beeinflussung) für einen fairen Interessenausgleich zwischen Benachteiligten und Begünstigten sorgt.
Vom Info-Zentrum Schacht Konrad nur wenige PKW-Minuten entfernt, liegt das Betriebsgelände mit dem weithin sichtbaren Förderturm. Der Gebäudebestand stammt noch aus der Zeit der Eisenerzförderung (1961 bis 1976). Bei den Investitionen hat man in diesem Bereich nicht geklotzt.
Nachdem die angemeldeten Teilnehmer an der Pforte mit Besucherausweisen ausgestattet waren, erhielten sie im Besprechungsraum zur Vorbereitung auf die Grubenfahrt die obligatorische Einweisung in die Bedienung der Rettungsausrüstung sowie passende Signalkleidung. Mit "Glück auf" rauschte dann der Förderkorb hinab in die Tiefe, 1 km in Richtung Erdmittelpunkt. Unten angekommen wurde das Verkehrsmittel gewechselt. Im geräumigen Diesel-Spezial-Cabrio fuhr der Fahrer sicher und zügig Richtung Vortrieb. Dass dieses Fahrzeug, ebenso wie Radlader, Vortriebsmaschine und sonstige Arbeitsmittel, in Einzelteile zerlegt, über den Förderkorb nach unten gebracht wurde, ist ein interessantes Detail am Rande. Ebenso wie der Umstand, dass ein laufender Dieselmotor signalisiert, dass auch für Menschen reichlich Sauerstoff in der Luft ist.
Untertage ist das Klima (Wetter), bis auf einige selten genutzte Stollen, angenehm frisch und trocken. Hohe Firste und geräumige Strecken vermitteln einen großzügigen Eindruck.
Fachlich wird hier das gesamte Spektrum der Tunnelvermessung gefordert, also Vortriebssteuerung, Deformationsmessung, Konvergenzmessungen, Streckenaufmass, usw.
Großer Wert wird auf eine detaillierte Dokumentation aller Vorgänge und Zustände gelegt. Auch nach Generationen soll eine Rekonstruktion noch möglich sein.
Mit der Errichtung der technischen Anlagen für die Endlagerung und die Einlagerungskammern wurde 2007 begonnen. Theoretisch könnten bis zu 9 Einlagerungsfelder mit jeweils mehreren Kammern erschlossen werden. Für die genehmigten 303.000 m³ Atommüll reicht ein Einlagerungsfeld, (wenn nichts geändert wird).
Nachdem 2007 die Klagen der Gegner beim Bundesverwaltungsgericht in letzter Instanz erfolglos blieben, beobachten diese die Bauarbeiten weiterhin sehr kritisch, vielleicht in der Hoffung, durch Aufdecken von Ausführungsfehlern oder Abweichungen von der Baugenehmigung eine Neubewertung des Projektes erreichen zu können, was bei aktueller Gesetzeslage und neuem Planfeststellungsverfahren vermutlich dessen Tod bedeuten würde.
Um den Atommüll dauerhaft zu lagern, sollen die Kammern abschnittsweise mit einer Mischung von beim Vortrieb gewonnenen Gesteinsmaterial und Zement vergossen werden. Über die Möglichkeiten der Rückholbarkeit wird mit Blick auf die verklappten Fässer von Asse aber bereits laut nachgedacht.
Für dieses spannende Projekt mit seinen vielseitigen Aufgaben sucht Andreas Degen übrigens noch Kollegen/innen zur Verstärkung seines Teams.
Nach sauberer Rückkehr (aus dem Steinkohlenbergbau kennt man das nicht) und einer Stärkung, standen die Referenten für weitere Informationen und Diskussionen zur Verfügung.
Mit einem kleinen Präsent bedankte sich abschließend Friedrich Koch bei Andreas Degen, Martin Rotthaus und Günter Schacht für die interessante Führung und die persönliche Betreuung.
Auf der Rückfahrt nach Essen bestätigte sich wieder einmal, dass es selbst Geodäten selten gelingt, durch logische Überlegungen ein Navi zu schlagen.