zum Content

 

Bericht zur Veranstaltung  am 3.2.2011 im Hotel Willkens

 

Zu diesem Thema referierte Prof. Dr. Klaus Grewe am ersten VDV-Abend mit Programm im neuen Jahr.

 

Kein Bauwerk ohne Vermessung, das gilt seit ältesten Zeiten für jeden Bauherrn und Baumeister, und eigentlich bedeutet dieser Grundsatz nichts anderes, als dass jedem Bauwerk eine exakte Planung zugrunde liegen musste. Gerade im Fernwasserleitungsbau war eine gründliche Planung die unbedingte Voraussetzung für die Trassierung. Es waren grundlegende Vermessungen notwendig, um schon im frühen Planungsstadium erkennen zu können, ob der in Angriff genommene Bau überhaupt durchführbar war. Mit beeindruckenden Bildern von Bauwerken aus der Römerzeit konnte der Referent die Fähigkeiten der römischen Baumeister belegen.

 

 

                   Die Tunnelbauer der Antike treffen sich doch!

 

Wie haben diese Baumeister gearbeitet? Es gibt keine Beschreibungen dazu, sodass man heute aufgrund der vorgefundenen Bauwerke bzw. deren Reste diese Arbeiten rekonstruieren muss. Seit der Renaissancezeit bemüht sich die Wissenschaft z. B. um eine funktionsgerechte Rekonstruktion des Chorobates, eines Gerätes zum Nivellieren, das vom römischen Fachschriftsteller Vitruv (1. Jahrh. v. Chr.) als besonders geeignet empfohlen wird. Aber schon Leonardo da Vinci weicht von der Vitruv-Beschreibung ab und zeigt ein ganz anderes Gerät. Auch danach werden statt nachvollziehbarer Vitruv-Rekonstruktionen eigentlich immer nur Chorobates-Neuerfindungen vorgelegt. Klaus Grewe erläuterte die neuesten Forschungsergebnisse zum Chorobat und stellte fest, dass es sich um ein Nivelliergerät handelt, das in seiner Einfachheit von geradezu bestechender Genialität ist. Nun wird mittels dieses Gerätes nicht mehr visiert, sondern die Höhenunterschiede werden am Gerät selbst gemessen. Durch stetiges Wenden des Gerätes werden bei jedem zweiten Messgang sämtliche Gerätefehler sowie die Auswirkungen der Erdkrümmung eliminiert. Eine bestimmte Messanordnung schließt darüber hinaus sogar die Schreib- und Rechenfehler aus und macht Kontrollmessungen weitgehend überflüssig. Ganz nebenbei wird gleichzeitig mit dem Nivellement die Streckenlänge der späteren Aquädukttrasse ermittelt.

 

Auch die Genauigkeit der Gefälleabsteckung mit grenzwertigen Ergebnissen von bis zu 14 cm auf einen Kilometer ließ bislang viele Fragen nach der angewandten Absteckungsmethode offen. Neue archäologische Erkenntnisse lassen aber auch in dieser Hinsicht heute klarer sehen: Die römische Gefälleabsteckung nach der Methode des Austafelns war erstaunlich effektiv und dabei von einer unglaublichen Genauigkeit bei einfachster Anwendung.

 

Anhand eines Reliefsteins erläuterte der Referent ein technikgeschichtliches Motiv. Die Darstellung zeigt eine von einem Wasserrad angetriebene Doppel-Steinsäge. Das Relief zeigt die Steinsäge während des Arbeitsbetriebs und gibt damit wertvolle Einblicke in die Technik der Steinbearbeitung in römischer Zeit. Die Entschlüsselung dieses Reliefs ist für die Technikgeschichte von geradezu sensationeller Bedeutung, denn bei der Darstellung der Kraftübertragung durch ein Getriebe dürfte es sich um die wahrscheinlich älteste Darstellung dieser Technik handeln.

 

In der anschließenden Diskussion blieb Klaus Grewe keine Antwort schuldig und bewies auch an dem Abend wieder, wie spannend die Geschichte sein kann.

 

Text und Bild: Rolf Bull 

<-- zurück