Der Referent Dipl.-Ing. Friedhelm Kamphausen war nahezu 37 Jahre Leiter der Abteilung Liegenschaften bei der RWE Power AG (vormals Rheinbraun AG). Zu Beginn seines Vortrages ging er kurz auf die drei Tagebaue Garzweiler, Hambach und Inden ein. Er erläuterte die unterschiedlichen Verhältnisse und die dabei anfallenden Aufgaben.
Die Gesamtfläche des RWE Power-Grundeigentums beträgt mit Ersatz-, Tagebaurand- und rekultivierten Flächen mehr als das Doppelte der rd. 100 km2 (10.000 ha) großen Betriebsflächen. Bei dieser Größenordnung ist eine eigenständige Liegenschaftsverwaltung unabdingbar. Hierin ist auch die Verwertung der Flächen, insbesondere Ackerland eingeschlossen.
Seit einem Jahr existiert in 4. Generation das Liegenschaftsinformationssystems LINSY, das SAP basiert ist. Hierin ist auch ein grafischer Nachweis eingebunden, um die Flächen unmittelbar ansprechen können. Hierin ist auch eine Schnittstelle für die automatischen Zahlungsflüsse und die Grundstücksbuchhaltung enthalten.
Die Rechtsgrundlagen für die Inanspruchnahme von Grundstücken durch die RWE Power AG sind u. a.: das Bergrecht mit der Grundvoraussetzung des Bergwergeigentums, wonach die Braunkohle nicht im Eigentum des Grundstückseigentümers steht (anders bei Kiesen und Sanden), darauf basierende Betriebspläne, landesplanerische Braunkohlenpläne, Flächennutzungs- und Bebauungspläne sowie das Liegenschafts- und Bewertungsrecht. Entsprechend dem Bundesberggesetz erfolgt grundsätzlich nur eine Besitznahme der unbebauten Grundstücke während des vorübergehenden Abbaus. Nach der Rekultivierung der Flächen und Rückgabe im Rahmen einer Flurbereinigung können die früheren Eigentümer ihre Flächen wieder benutzen (in neuen, der rekultivierten Landschaft angepassten Grenzen). Die Grundstückseigentümer werden daher nicht enteignet. Bei absehbarer nicht rechtzeitiger Einigung der Flächeninanspruchnahme kann eine „Grundabtretung“ beantragt werden. Dadurch erhält der Bergbautreibende den vorübergehenden Besitz an den Flächen. Auf Wunsch des Eigentümers werden die Grundstücke auch erworben. Bebaute Grundstücke werden allerdings immer erworben, da die darauf befindlichen Gebäude abgebrochen werden.
Ein großes Feld ist die Erfassung und Bearbeitung der Geobasisdaten für Liegenschaften und Umsiedlungen. Dazu dienen als Grundlagen das Liegenschaftskataster (ALKIS) und das Grundbuch, Ausweisungen im Flächennutzungsplan, evtl. Bebauungsplan oder Satzungen sowie Festsetzungen des Landschaftsplanes mit dem entsprechenden Nachweis im eigenen Liegenschaftsinformationssystem LINSY. Die vollständige Erfassung des Gebäudebestandes in den umzusiedelnden Orten geschieht in der Regel durch die unternehmenseigene Photogrammetrie.
Bevor eine Inanspruchnahme der Flächen erfolgen kann, müssen Grundstücke und Gebäude bewertet werden. Das geschieht in der Regel im Vergleichswertverfahren (unbebaute Grundstücke) bzw. Sachwertverfahren (bebaute Grundstücke) auf Grundlage der Daten der Gutachterausschüsse. Bei unbebauten Grundstücken kommen eigene Wertermittlungen zum Tragen, während bei bebauten Grundstücken grundsätzlich Wertgutachten durch externe Gutachter (öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige) erfolgen.
Für Friedhelm Kamphausen ist es beim Erwerb der jährlich mit einem Volumen von rd. 300 ha zu beschaffenden Grundstücke und Gebäude wichtig, dass eine persönliche Kontaktaufnahme mit Angebot eines Gespräches
mit dem Eigentümer/Pächter von einem örtlich zuständigen Mitarbeiter in der Regel zu Hause stattfindet. Grundsatz hierbei ist: Sicherstellung einer möglichst angenehmen Gesprächsatmosphäre – nicht „mit der Tür ins Haus fallen“, Erläuterung der Notwendigkeit und des zeitlichen Ablaufs der Inanspruchnahme, Alternativen aufzeigen mit Geldentschädigung oder Ersatzflächen und eine Bedenkzeit festlegen.
Bei der Entwicklung von Liegenschaftsprojekten z. B. von nicht mehr betriebsnotwendigen Flächen ist eine enge Zusammenarbeit mit den jeweiligen Kommunen erforderlich. Bereitstellung von Gewerbe- und Wohnbauland zu marktgerechten Preisen (auf Basis der Bodenrichtwerte) muss gewährleistet sein. Als Erfolg kann der Referent benennen, dass in den letzten 20 Jahren in den entwickelten Gebieten mehr als 5.000 Arbeitsplätze geschaffen wurden.
Die Neuordnung der rekultivierten landwirtschaftlichen Flächen (Neuland) erfolgt in Flurbereinigungsverfahren nach § 86 FlurbG – vereinfachte Verfahren. Die Grundlage der Rückgabe der überlassenen Flächen ist die Bodenschätzung durch die Landesfinanzverwaltung. Ziel ist die Besitzeinweisung nach Beendigung der 7jährigen Zwischenbewirtung durch den unternehmenseigenen landwirtschaftlichen Betrieb.
Eine ausführliche Diskussion schloss sich u. a. mit Marie-Theres Maurer, der Nachfolgerin des Referenten im Arbeitsfeld Liegenschaftsbetreuung/-dokumentation und mit Klaus Lohde, der zuletzt im Bereich Liegenschaften/Grunderwerb tätig war und ebenso mit dem Thema sehr vertraut war, dem Referat an.
Es war bewusst ein unpolitischer Abend, denn im Mittelpunkt stand die Arbeit eines Unternehmens im Liegenschaftswesen, dessen Größenordnung als beachtlich angesehen werden, sind doch in diesem Arbeitsbereich in der Zentrale Köln des Unternehmens rd. 50 Arbeitskräfte aus der Vermessung, Landwirte, Bauingenieure, Kaufleute und vergleichbaren Berufen tätig.
Foto: Kurt Andrä