Zum 55-jährigen VDV-Jubiläum in Berlin wurde am 12. September 2009 unter dem Motto „Umsonst und Draußen" gefeiert. Das Angerdorf Lübars im Norden Berlins mit seinen Feldern und Wiesen und dem ursprünglich gebliebenen Dorfanger war Inspiration genug, einmal ein etwas anderes Fest zu wagen. Begonnen wurde mit einem Geocaching, einer modernen Art der Schnitzeljagd. Wanderschuhe waren hier für die zahlreichen Teilnehmer von Vorteil, denn es ging durch Feld und Flur. Auch für erfahrene Berufskollegen war diese Art der Anwendung des GPS-Dienstes eine neue Erfahrung, die im Freizeitbereich immer populärer wird und somit auch schon einen eigenen Wirtschaftszweig entstehen ließ. Erfahrene Geocacher haben hierbei schon erstaunliche Fähigkeiten im Umgang mit den verschiedensten Koordinatensystemen entwickelt.
Zurück im Dorfkrug überbrachten bei Kaffee und Kuchen die Gäste von den befreundeten Verbänden, Herr Christof Rek (BDVI Berlin) und Herr Hans-Gerd Becker (DVW Berlin-Brandenburg) sowie unser Präsident aus Edewecht, Herr Wilfried Grunau, Grußworte.
Anschließend trug der Landesvorsitzende Berlin-Brandenburg, Kol. Badstübner, einige rückblickende Anmerkungen über die wichtigsten Ereignisse im Verbandsleben des VDV-Berlin vor. Hier einige Auszüge:
Bei der Gründung 1949 durch Studenten und Dozenten der Essener Ingenieurschule bedeutete das Kürzel VDV „Verein Deutscher Ingenieure und Techniker des Vermessungswesens“, die Zeitschrift war „Der Fluchtstab“ und die Schlagworte des VDV waren „aufstrebend, eigenständig und berufsfördernd“.
Berlin war wie alle deutschen Städte damals gekennzeichnet durch die Beseitigung der Kriegstrümmer und den Wiederaufbau von Wohnungen, Straßen, Gleisen und Industrieanlagen. In Berlin kam jedoch als Besonderheit hinzu, dass sich die Teilung der Stadt abzeichnete und die städtische Vermessungsverwaltung in zwei selbständige Bereiche aufzuteilen war.
Es bestand im damaligen Berlin ein großer Mangel an Ingenieuren. Dieser Mangel war kurzfristig nicht mit wissenschaftlich ausgebildeten Absolventen der Universitäten zu beseitigen, sondern eher mit den Ingenieuren, die ein Studium an einer praxisorientierten Ingenieurschule absolviert hatten. Somit existierte neben dem Dipl.- Vermessungsingenieur noch ein weiterer Ingenieur im Vermessungswesen, der sich gleichfalls berufen fühlte, die anfallenden Vermessungsaufgaben in selbständiger und verantwortungsvoller Tätigkeit zu übernehmen. Somit war die Gründung der VDV-Landesgruppe Berlin 1954 gekennzeichnet von der Notwendigkeit, einerseits die Interessen der graduierten Vermessungsingenieure in den staatlichen Bereichen zu vertreten und andererseits die freischaffenden Vermessungsingenieure bei der Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Basis zu unterstützen.
Der Kol. Helmut Siegel aus der Senatsbauverwaltung ergriff damals die Initiative und übernahm als erster den Vorsitz in der neuen VDV-Landesgruppe Berlin und verhalf dieser zusammen mit Hans Hoffmann aus den Kinderschuhen.
Für den Nachfolger in der Funktion, dem seit 1949 freischaffenden Vermessungsingenieur Herbert Zech war es wichtig, dass sich die selbständig tätigen Vermessungsingenieure die die Existenz bedrohende Isolierung verlassen konnten. Er bemühte sich um die staatliche Vergabe von Aufträgen in den Bereichen Grundstücks-Enttrümmerung, Schnellstraßen- und U-Bahnbau sowie Straßen- und Leitungskataster auch an graduierte Vermessungsingenieure. Da die Nichtberücksichtigung von graduierten Vermessungsingenieuren bei der Auftragserteilung auch außerhalb Berlins auftrat, beteiligten sich die Berliner Vertreter aktiv an der bundesweit tätigen „Interessengemeinschaft Freischaffender im VDV“. Zusätzlich stellte man die Forderung auf, dass auch für die graduierten Ingenieure Voraussetzungen zur öffentlichen Bestellung geschaffenen werden müssten, und man war damit erfolgreich. Seit 1973 besteht in Berlin die Möglichkeit, aus der Berufserfahrung heraus als ÖbVI bestellt zu werden, ohne ein wissenschaftliches Studium an einer Universität absolviert zu haben.
Um im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben, forderte die deutsche Wirtschaft bereits in den 1960er Jahren mehr qualifizierte Mitarbeiter mit akademischer Ausbildung, die praktische Aufgaben schnell und erfolgreich lösen können sollten. Auch war die Frage der Anerkennung der Ingenieurschul-Abschlüsse innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ungeklärt. Die VDV-Landesgruppe Berlin setzte sich im Gleichklang mit den anderen VDV-Landesgruppen für die Aufwertung der Ingenieurschulen durch Verlängerung der Semesterzahl und Verbesserung der Ausbildungs-Qualifikation ein, bot dazu ein auch eigenes Fortbildungsangebot an und forderte die Durchlässigkeit der Laufbahnen im Öffentlichen Dienst ein. Folgerichtig wirkte man zu Beginn der 1970er Jahre an der Gesetzgebung zur Umwandlung der Ingenieur- in Fachhochschulen und an der Diplomierung bzw. Nachdiplomierung der graduierten Ingenieure mit.
Mit Beginn der elektronischen Datenverarbeitung im Vermessungswesen änderte sich nicht nur die Berufswelt grundlegend, sondern auch die Form der Verbandsarbeit. In Berlin ergriffen die Kol. Gerhard Brehm und Norbert Schiefelbein die Chance und gründeten unter dem Dach des Bildungswerks im VDV die Arbeitsgruppe „Datenverarbeitung“. Gut besuchte Seminare bezeugen die erfolgreiche Verbandsarbeit in dieser Zeit.
Als Vorsitzende folgten Gerhard Köster, noch einmal Helmut Siegel, Wickhard Haase und 1987 der Kol. Kurt Rieder.
Unter der Leitung der Kol. Kurt Rieder und Wickhard Haase entstand Ende der 1980er Jahre der Arbeitskreis „Perspektiven für das Berliner Vermessungswesen“, der mit dem gleichlautenden Papier für viele Jahre Richtungsweisend sein sollte.
In die Amtszeit des Kol. Rieder fiel die politische Wende. Sie war nicht nur für Menschen in Deutschland ein Glücksfall. Für den VDV-Berlin fand eine menschliche Bereicherung statt, und die Mitgliederanzahl konnte mehr als verdoppelt werden. Viele Kolleginnen und Kollegen, die sich noch aus der Zeit vor der Mauer kannten, die einmal miteinander studiert oder gearbeitet hatten, kamen wieder zusammen. Der VDV-Berlin konnte hier mit dem Austausch von Fachkenntnissen und Erfahrungen als Bindeglied zwischen den Berufskollegen wirken. Zwar verlor Berlin nach der Wende die Funktion der Landesgruppe, blieb aber wichtiger Teil des 1990 gegründeten VDV-Landesverband Berlin-Brandenburg.
Auch der VDV-Bezirk Berlin wurde im Okt.1990 gegründet und Dr. Klappstein wurde zu dessen ersten Vorsitzenden gewählt. Die Kollegin Rotraut Manthe übernahm zunächst die Funktion der Schriftführerin und nach dem vorzeitigen Rücktritt von Dr. Klappstein am 10. März 1993 auch kommissarisch den Vorsitz. Auf der Mitgliederversammlung drei Jahre später wurde sie zur Vorsitzenden des Bezirks Berlin gewählt. Gemeinsam mit dem Kol. Walter Bauer als Schriftführer prägte sie den Bezirk Berlin über 14 Jahre bis zu ihrem Rücktritt.
Mit der Einheit Berlins setzte ein bemerkenswerter Bauboom zur Wiederherstellung der unterbrochenen Infrastruktur ein. Das Schlagwort der damaligen Zeit war: „Berlin ist die größte Baustelle Europas“, und der VDV-Berlin zeigt dazu die Leistungen der Vermessungsingenieure. Der neue Potsdamer Platz, der Berliner Hauptbahnhof, die Wiederherstellung der unterbrochenen S- und U- und Straßenbahnlinien, die neue Autobahn zum neuen Flughafen in Schönefeld wurde vielfach für Vorträge und Ortsbegehungen genutzt. Regelmäßig verfassten die VDV-Kollegen darüber interessante Fachartikel in unserer Verbandszeitschrift.
Die VDV-Verbandsarbeit wandelte sich in den 1990er Jahren im Gleichklang mit den Tätigkeitsfeldern. Aus den freischaffenden Vermessungsingenieuren, die in den 1950er, und 1960er Jahren um Anerkennung und um staatliche Aufträge bemüht waren, wurden interdisziplinäre Unternehmungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Sie sind in der Softwareentwicklung tätig, im weltweiten Einsatz für den Rohr- und Tübbingvortrieb, sind Spezialisten im Facilitymanagement oder finden innovativen Lösungen durch 3D-Laserscanning für besondere Probleme in der Planung. Neben Fachvorträgen zu diesen Themenbereichen wurde der VDV-Berlin in dieser Zeit mehrfach von den Fraktionen ins Berliner Parlament zu Gesprächen über den möglichen Wegfall von öffentlichen Vermessungsaufgaben, über die Gleichbehandlung von Studienabschlüssen an Fachhochschulen und Universitäten und über das öffentliche Laufbahnrecht eingeladen. Man gab Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen, zur Modernisierung der Vermessungstechnikerausbildung und zu geplanten Strukturveränderungen im amtlichen Vermessungswesen ab.
Für die Studenten der Beuth Hochschule für Technik Berlin (vormals TFH Berlin) führte der VDV-Berlin häufig Fachreferate durch und vergibt seit einigen Jahren auf der Abschlussveranstaltung Buchpreise für die besten Absolventen eines Jahrgangs.
Der VDV-Berlin ist gesellig und ging gern auf Reisen. Man führte gut organisierte Exkursionen durch die schönsten Teile von Berlin und Brandenburg durch, organisiert zum Jahresanfang einen Bowlingabend, lud gemeinsam mit anderen Verbänden zum Hauptstadtball der Ingenieure ein und befuhr zusammen mit DVW Berliner und Brandenburger Gewässer mit dem Schiff inklusive Büffet, Tanz und guter Laune. Man fuhr nach Jena zur Firma Zeiss, nach Lathen zur Versuchsstrecke des Transrapid oder mit den VDV-Kollegen aus Brandenburg zur Stadtvermessung in die polnischen Städte Kolberg und Stettin.
Nach Rotraut Manthe übernahm der Kol. Axel Kluge kurzzeitig kommissarisch die Verantwortung. Auf der Mitgliederversammlung 2007 wurde der Kol. Gantzberg zum aktuellen Vorsitzenden des Bezirks Berlin gewählt.
Das Sommerfest wurde genutzt, um Mitglieder für ihre 25-jährige Mitgliedschaft im VDV zu ehren. Aus den Händen unseres Präsidenten erhielten die Kol. Ursula Rübens, Dieter Schmidt, Christian Gantzberg und Norbert Schiefelbein die Ehrenurkunde und das silberne Verbandsabzeichen überreicht.
Zum Abschluss der Veranstaltung konnten sich die Anwesenden im Biergarten des Dorfkrugs Lübars von den Grillkünsten des Küchenmeisters verwöhnen lassen.