Am 15. November 2018 traf sich der Bezirk München für den letzten Stammtisch des Jahres. In gemütlicher Runde im Nebenraum des Gasthauses Siebenbrunn am Tierpark Hellabrunn wurde berichtet, diskutiert und bei einem guten Essen der Abend beendet.
Eingeleitet wurde der Abend von einem kurzen Vortrag von Paul Sterzik über BIM, Digitalisierung und die neuesten Entwicklungen der Prozess-Abläufe auf der Baustelle. Es werden Schnittstellen zwischen der realen Welt und der virtuellen Umgebung benannt, Standardisierungen der Arbeitsprozesse angesprochen und neueste Techniken aus der Vermessung sowie das neue Berufsbild des Geodäten thematisiert.
Schon vor einigen Jahren hat der Geodät begonnen seine Daten, damals noch in Excel Tabellen, zu digitalisieren. Heute werden Daten im 3D Format geplant, erhalten Materialinformationen und werden in einem Programm, z.B. BIM, für alle Projektbeteiligten zur Verfügung gestellt. Längst ist für jeden Beteiligten der Zeitpunkt und Stand eines jeden Arbeitsschrittes in Echtzeit einzusehen. Der Vermessungsingenieur muss nicht mehr zum Architekten oder Bauingenieuren laufen, um seine Arbeit erledigen zu können. Heute geht er online und lädt sich alles Nötige aus der Cloud direkt aufs Tachymeter. 2D Pläne werden nicht mehr mühsam in 3D Daten umgeformt, sondern die Planung selbst kann in 3D vorgenommen werden. Wobei für manche Anwendungen, wie die Navigation, 2D-Daten doch übersichtlicher sind.
Durch die Planung in BIM, ist es möglich jeden Arbeitsschritt im Vorhinein virtuell durchzuführen, auf diese Weise können Fehler frühzeitig aufgedeckt und vermieden werden. Dies führt zu erheblichen Kosteneinsparungen, die Prozesse werden vereinfacht und optimiert, die Kommunikation zwischen den Disziplinen verbessert.
Es gibt mittlerweile Schritt für Schritt Anleitungen, womit der Polier in der Lage ist Punkte selbständig einzumessen und der Ingenieur dies nicht mehr selbst tun muss. Maschinensteuerung erfolgt komplett automatisch. Die Pläne werden beispielsweise auf den Bagger geladen und der Arbeiter weiß genau wo er den Aushub vornehmen muss oder welche Modellierung des Untergrunds wo gefragt ist.
Doch was macht dann der Geodät?
Vor allem darum ging es in der Diskussion am Ende des Vortrags. Einig waren sich alle nur in einem. Nicht alle Vermessungen kann ein Polier durchführen. Der Vermessungsingenieur wird aber wohl nur noch zur hochgenauen Vermessung oder zur Kontrolle bzw. Erfassung zu Beginn des Projektes ins Feld geschickt. Die Aufgaben des Geodäten werden sich zukünftig immer mehr in die Vorbereitung und Aufbereitung der Daten verschieben. Also weniger frische Luft und mehr PC-Arbeiten im Büro. Indes werden die Aufgaben der Planung komplexer und zeitaufwendiger, denn immer mehr werden hybride Systeme zur Vermessung verwendet. Dabei sind vor allem Laserscan-Daten in der Kombination mit der Nahbereichs-Photogrammetrie immer häufiger. Dieser Mehraufwand, den der Geodät betreibt, wird ihm aktuell aber nicht bezahlt. Die zusätzlichen benötigten Programme und die Zeit sind Faktoren, die in Zukunft wohl immer öfter Kosten verursachen, die der Geodät sich erst noch vergüten lassen muss. Dabei werden durch die längere Planung und Simulierung der Arbeitsschritte Geldbeträge freigestellt, die sonst zu Fehlerkorrekturen verwendet werden.
Doch durch die Änderung des Berufsbildes, muss auch die Lehre an den Universitäten und Hochschulen angepasst werden. Einführungen in die CAD-Programme, in IT-Bereiche, wie Schnittstellen, oder in die E-Technik werden wichtiger. Die Flexibilität der Ausbildung muss verbessert werden, um den Studenten Spezialisierungen in Fächern anderer Disziplinen zu ermöglichen. Dabei sollen die traditionellen Vermessungstechniken aber nicht in den Hintergrund geschoben oder gar komplett vernachlässigt werden.
Die Ausbildung und das Berufsbild des Geodäten bleiben in stetigem Wandel – und somit wird uns wohl auch in Zukunft nicht der Gesprächsstoff bei den Stammtischen ausgehen.