(Notizen zum Vortrag VDV-Bezirk Essen, Karsten Elles)
Nachdem der VDV Bezirk Essen Anfang März 2016 durch den Geschäftsführer der „planen-bauen 4.0 GmbH, Dr. Jan Tulke und dem Hochtief GIS Experten Dipl.‑Ing. Andreas Hesterkamp, das BIM (Building Information Modelling mit Schwerpunkt Hoch- und Ingenieurbau, kennengelernt hat (s.a. Bericht unter www.VDV-online.de), konnte Friedrich Koch im Oktober mit Dipl.-Ing. Karsten Elles einen Referenten gewinnen, der bei Komatsu, einem der weltgrößten Baumaschinenhersteller, im Bereich der Entwicklung Verantwortung für die intelligente Maschinenkontrolle von Erdbaumaschinen trägt (Erdbau 4.0). Elles, für den dank seiner umfangreichen, praktischen Erfahrung die Theorie alles andere als grau ist, stellte Komatsus aktuellen Stand der auf Nachhaltigkeit und „bauen 4.0“ fokussierten Entwicklung vor.
Am Anfang der Entwicklungslinie steht der Hybridbagger. Beim Abbremsen der Schwenkbewegung wird die entstehende kinetische Energie in elektrische Energie umgewandelt und in einem Superkondensator gespeichert. Ein elektrischer Schwenkmotor nutzt diese Energie beim Zurückschwenken oder unterstützt den Dieselmotor des Baggers. Bis zu 25% Treibstoffersparnis bringt das nach Angaben des Herstellers.
Schon seit mehr als 10 Jahren stattet man Bagger, Planierraupen oder Grader mit einer relativ einfachen 2D Steuerung (Laser oder Ultraschallsensor) aus. Dem Maschinenführer wird auf einem Monitor angezeigt, wie er das Werkzeug bewegen muss, um die Soll-Höhe zu erreichen. Arbeitsunterbrechungen für Absteckung und Kontrollen werden minimiert. Unter dem Strich ergibt sich im Sinne der Nachhaltigkeit eine Effizienzsteigerung mit weniger Fehlaushub und weniger Nacharbeit bei gleichzeitiger Reduzierung des Materialverschleißes.
Aktuell am Ende *) der Nachhaltigkeits-Entwicklungslinie steht das integrierte
3D-Steuerungssystem „intelligent machine control“. Die „Werkzeuge“ der Baumaschinen werden durch dieses System automatisch so ausgerichtet, dass sich, unabhängig von der Maschinenposition, Schild oder Baggerschaufel stets in der optimalen Arbeitsposition befindet.
*)Das theoretische Ende der Entwicklung wäre die autonom fahrende, intelligent gesteuerte Erdbaumaschine. Unter den Mining Monstern gibt es zwar LKW, die ohne Fahrerkabine unterwegs sind, für den normalen Baustellenbetrieb nutzt man diese Technik aber bisher nicht. Bei kritischen Einsätzen, wie Rückbau von Atomkraftwerken, Brandschneisen erstellen, Aufräumarbeiten nach Chemieunfällen, könnte das aber eine Option sein.
Es wird folgende Hard- und Software benötigt:
Basisstation für GPS und GLONASS oder Referenzdienst
Baumaschine inkl. Steuerungs-Software und GPS-Ausrüstung der i-Reihe von Komatsu
(bei Komatsu werden für die intelligente Maschinensteuerung Topcon GNSS Antennen eingesetzt) und last but not least muss ein digitales Geländemodell des Projektes (DGM) im Rechner gespeichert sein.
Bei Projekten nach dem BIM Standard (planen und bauen 4.0), ist das DGM Bestandteil der Planungsdaten.
Die Basisstation liefert kontinuierlich per Funk die zur Bestimmung der IST-Position benötigten Daten an die Baumaschine.
Bei Komatsu Baumaschinen werden die Maschinenwinkel durch Hubwegsensoren an den Zylindern ermittelt. Da diese Information im Gegensatz zu herkömmlichen Systemen Echtzeitcharakter hat, kann man erstmals auch halbautomatische Arbeitsweisen beim Bagger nutzen.
Der Rechner wertet die Daten aus, vergleicht die IST-Position mit den Soll-Werten des eingespeicherten Projekt-DGM und berechnet im Falle der Raupe Steuerimpulse für die Maschinenhydraulik, die den Schild automatisch in die Soll-Lage bringen.
Sollte sich eine zu große Last ergeben (Traktionskontrolle), wird der Schild automatisch etwas angehoben. Das System findet so die optimale Schildstellung, die Schaufel ist immer bestmöglich gefüllt.
Der Maschinenführer kann auf einem Monitor Achsen, Linien und Punkte anzeigen lassen, die ein präzises Steuern in Bezug zum Projekt ermöglichen. Dank der intelligenten Steuerung kann bei höherer Fertigungs-Genauigkeit und optimierter Materialmenge ohne Unterbrechung mit max. Geschwindigkeit gefahren werden. Aus dieser Effizienzsteigerung resultiert ein erhebliches Einsparungspotential bei Material und Personal.
An Hand von Beispielen, wie dem Bau kompliziertester Baugruben, die Erstellung von Hausanschlüssen mit Vermeidung der Beschädigung von Objekten im Bestand oder dem Bau eines Dreizonendeichs, überzeugte der Referent die Teilnehmer von der Vielseitigkeit und Leistungsfähigkeit der intelligenten Erdbau-Maschinensteuerung.
Der Einsatz der intelligenten Maschinensteuerung wird den vermessungstechnischen Außendienst im Erdbau entlasten. Auch die Fotogrammmetrie eröffnet, dank der Multikopter, für die Baustellenvermessung „neue Perspektiven“. So kann z.B. jeder gewünschte Bau-Zustand schnell und detailgetreu, ohne Behinderung des Baubetriebs, dokumentiert und anschließend im Büro ausgewertet werden. Mögliche Sorgen des Geodäten, künftig auf der Baustelle nicht mehr gebraucht zu werden, sind jedoch unbegründet. Arbeitsentlastung auf der einen Seite, schafft Spielraum für andere, unternehmerisch wichtigere Aufgaben, die aktuell tlw. zu kurz kommen, wie z.B. die Bauabrechnung. Auch die Folgen eines prognostizierten Fachkräftemangels können besser abgefedert werden (44% der Fachkräfte sind laut KOFA (Kompetenzzentrum Fachkräfte Sicherung) älter als 50 Jahre).
Es werden zudem neue Aufgaben anfallen, so sollte man in der Lage sein, 3D Geländemodelle zu erstellen oder zu bearbeiten. Daten müssen verwaltet und aktualisiert werden, allgemeine DV Kompetenz wird gefordert, es ist sinnvoll, sich rechtzeitig mit den neuen Techniken vertraut zu machen. Der für die Daten Verantwortliche wird für sein Projekt zu einer Schlüsselfigur mit entsprechend hohem Stellenwert.
Abschließend möchte ich dem Referenten Karsten Elles im Namen des VDV Bezirks Essen für den professionellen, sehr informativen Vortrag und die anschließende Diskussion noch einmal ganz herzlich danken. Wir wünschen ihm ein gutes Jahr 2017 und auch für die Zukunft weiterhin viel Erfolg.