Mit dem Jahr 2017 kommt frischer Wind in den Bezirk München: Nach einigen Jahren Leerlauf hat sich nun ein Team gefunden, dass den Bezirk „wiederbeleben“ möchte. Den Auftakt dazu bildete eine Führung durch die Münchner Frauenkirche am 24.01.2017.
„Wahrscheinlich eines der am besten vermessenen Kirchengebäude“ – mit diesen Worten beschrieb Referent Dr. Peter Wasmeier die Kathedralkirche in der bayrischen Landeshauptstadt, besser bekannt als Münchner Frauenkirche. Als Mitarbeiter am Lehrstuhl für Geodäsie der Technischen Universität München ist er zuständig für die Überwachung des Gebäudes. Vor gut 11 Jahren wurde der Lehrstuhl gebeten, in der Kirche ein Monitoring-System zu installieren. Ausschlaggebend hierfür war der geplante Bau einer zweiten S-Bahnstammstrecke, die 40 m neben der Frauenkirche in ca. 35 m Tiefe verlaufen soll. Doch der Bau verzögerte sich und so wurden aus den 3 Jahren Vorlaufzeit ein paar mehr. (Ende 2016 wurde nun immerhin die Finanzierungsvereinbarung für den Bau der zweiten Stammstrecke unterzeichnet.)
Das Monitoring-System selbst besteht aus mehreren Komponenten, die sich die rund 25 Teilnehmer vor Ort ansehen konnten. Nach einer kurzen allgemeinen Einführung ging es zunächst auf eine Seitenempore, wo einer der beiden Tachymeter und der Steuerrechner fest installiert sind. Die Tachymeter messen stündlich die im Kirchenraum angebrachten Prismen. Über eine Internetverbindung werden die Daten sofort nach der Messung in einer Datenbank abgespeichert und können so in Echtzeit verfolgt werden. Peter Wasmeier programmierte hierfür eigens eine Software, die eine anschauliche Datenausgabe sowie zahlreiche Analysen ermöglicht. Auch einige Feinheiten sind enthalten, die man in bisherigen kommerziellen Monitoring-Systemen noch nicht findet: Es gibt beispielsweise keine festen Schwellwerte für die Ausgabe von Warnungen. Stattdessen werden die Schwellen unter Berücksichtigung der jährlichen temperaturbedingten Schwankungen (die wiederum aus den bisherigen Zeitreihen bekannt sind) regelmäßig neu berechnet.
Der zweite Teil der Besichtigung führte die Gruppe in den normalerweise für Besucher gesperrten Nordturm der Frauenkirche. Dort befindet sich, ebenso wie im Südturm, ein hochgenauer Neigungssensor. Die beiden Sensoren wurden vor einigen Jahren angebracht, als neben der Kirche eine große Baugrube ausgehoben wurde und man eine daraus resultierende Neigung der Türme befürchtete. Auch im Falle der Neigungssensoren werden die Messdaten in Echtzeit abgespeichert und liefern erstaunlich genaue Ergebnisse: Man sieht beispielsweise genau, ob gerade die Glocke im Nord- oder Südturm schlägt und teilweise sind sogar Erdbeben in Italien deutlich in den Datensätzen zu erkennen.
Zuletzt ging es nochmal einige Meter nach oben, bis knapp unter die Kuppel des Nordturms. Dort wurde der anstrengende Aufstieg gebührend entlohnt mit einer wunderbaren Aussicht über München bei Nacht – ein gelungener Abschluss einer sehr interessanten Führung, doch noch nicht der Abschluss des Abends. Bei der Einkehr im nahegelegenen Gasthaus blieb noch genügend Gelegenheit, um sich auszutauschen und bereits die nächsten Veranstaltungen zu planen.